Die Theologie und Praxis des Segnungsgottesdienstes des Katholikentages 2000 in Hamburg in Halle 6 des Messegeländes ist hier als Argumentations- und Vorbereitungshilfe bei gemeindenahen Glaubensseminaren darstellt, da sich das Angebot solcher Entscheidungsschritte als sehr hilfreich und fruchtbringend erwiesen hat Der Text entspricht weitgehend dem für dort entworfenen Gottesdienst-Leporello.
Christi Himmelfahrt
1. Juni 2000, 20.00 Uhr
94. Deutscher Katholikentag
in Hamburg, Messegelände, Halle 6
Sich persönlich Gott anvertrauen:
In den Freuden und Nöten des Alltags
In der erneuten Annahme des Tauf- und Firmbundes
In der Bekräftigung des Eheversprechens
105 Personen aus 21 Diözesen dienten beim Segnungsgottesdienst des Katholikentages in Hamburg durch Vorbereitung, Zeugnis und Gebet. In 35 Gruppen (je zwei Laien und ein Kleriker, Bischof, Priester oder Diakon) wurde gesegnet. Dieser Gottesdienst hat Vorläufer in den Gottesdiensten in den Bischofskirchen von Paderborn und Osnabrück seit 1994, zu denen jeweils 2000 bis 3000 Teilnehmer kamen. Es geschieht eine neue Bezeugung des Evangeliums in liturgischen Ausdrucksformen. Dahinter stehen die uralten Bundesverheißungen Gottes. Der Bund Gottes mit seinem Volk ist seine Initiative und Bedarf der ausdrücklichen Annahme durch die ganze Kirche und in ihr eines jeden Einzelnen. Diese Gottesdienste sollen in ihrer Vollform am Ende eines mehrwöchigen Glaubensseminares oder eines Weges „Exerzitien im Alltag“ stehen.
So vorbereitet können solche Segnungsgottesdienste in die Gemeindepraxis Eingang finden und werden, wie ein Pfarrer im Zeugnis sagte, Teil der alljährlichen Gemeindepastoral. Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach, Mainz, predigte über den Kampf Jakobs am Jabbok (Gen 32) „Ich lasse Dich nicht, es sei denn, du segnest mich“. Dann gab es vier Zeugnisse: eine Studentin über ihren Berufungsweg, ein langjähriger ehrenamtlicher Gemeindemitarbeiter über seine persönliche Tauferneuerung und die Konsequenzen für sein ehrenamtliches Engagement in der Kirche, ein Gemeindepfarrer über Segenshandlungen in seiner Pfarrei und ein Ehepaar über die Erneuerung ihres Eheversprechens und seine Folgen für ihr Engagement in der Kirche. Durch die Zeugnisse wurde sehr deutlich die kirchliche Dimension persönlicher Glaubensentscheidungen dargelegt und auch deren gesellschaftsverändernde Relevanz.
Das besondere Merkmal dieses Gottesdienstes besteht darin, dass alle Mitfeiernden die Möglichkeit haben, sich persönlich segnen zu lassen. Diese Segensbitte kann zwei Ausprägungen haben: zum einen sich Gott persönlich anvertrauen in den Freuden und Nöten des Alltags, zum anderen den Bund mit Gott erneut annehmen.
Ein Zeichen des Weges zu einer persönlichen und direkten Beziehung zu Gott ist die einfache Bitte um seinen Segen. In ihr bringen wir in unserer Alltagssprache unsere Freuden und Nöte vor ihn hin, in der „Zuversicht, daß er uns hört, wenn wir etwas erbitten, was seinem Willen entspricht“ (1 Joh 5,14). Solche einfachen Segensbitten sind bereits eine Annahme des Bundesangebotes Gottes. Dabei geht es noch nicht um die Annahme der Gnade der Sakramente oder der Geistesgaben, sondern um eine erste Antwort auf die Zuwendung Gottes, die er in der Taufe dem einzelnen für immer zugesagt hat.
Während der Segensbitte legen zwei der anwesenden Laien patenschaftlich die rechte bzw. linke Hand auf die Schulter. Sie kann etwa lauten: „ Ich bitte um einen Segen für mein krankes Kind.“ - „Ich bitte Gott um seinen Segen für unsere ganze Familie.“ – „Wir bitten Gott um ein glaubwürdiges Zeugnis unseren Kindern gegenüber, damit sie mehr und mehr in die Beziehung zu ihm hineinwachsen.“ – „ Ich bitte Gott, mir in meinen gesellschaftlichen Aktivitäten das rechte Wort zu geben, damit viele empfindsamer werden für das Unrecht, das anderen geschieht.“ – „Ich möchte einen neuen Weg mit Gott beginnen und bitte ihn, mir nahe zu sein.“ – „Ich mache mir Sorgen darüber, wer später einmal für mich sorgt
und bitte Gott, daß er auch in meinem Alter zu mir hält.“
Nach der Segensbitte stellen die beiden Laien sich vor den Betreffenden und zeichnen ein Kreuz auf die Stirne mit den Worten: „Zu deinem weiteren Weg segne dich der gütige und barmherzige Gott, + der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Er erhöre dein Gebet und sei mit dir. Amen“.
Anschließend spricht der Priester bzw. Diakon unter Auflegen oder Ausbreitung der Hände ein Segenswort und segnet mit dem Handsegen. Seine Segensworte greifen nach Möglichkeit den Inhalt der Segensbitte auf, so daß hier zugleich der Antwortcharakter der Liturgie deutlich wird: ein Segenszuspruch ist nicht lediglich Ausdruck menschlicher Zuwendung, sondern ein Geschenk von Gott her, das dazu befähigt, seine Zuwendung tiefer anzunehmen.
Zum Abschluß entbieten die Anwesenden dem/der Betreffenden den Friedengruß mit Handschlag und sprechen nach Möglichkeit einen persönlichen Glückwunsch aus.
Der Anfang des Weges einer persönlichen und direkten Beziehung zu Gott ist die einfache Bitte um seinen Segen. Ein weiterer Glaubensschritt ist die vertiefte Annahme des Taufbundes. In der Taufe, die wir zumeist als kleine Kinder empfangen haben, hat Gott mit jedem einzelnen einen Bund der Liebe und Treue geschlossen. Geben wir ihm in der Freiheit, die er selbst uns schenkt, die Antwort des Vertrauens ( GL 5; 50,2)! In unserem Gotteslob ist ausdrücklich auch eine „Erneuerung des Firmversprechens für einzelne“ vorgesehen (GL 52,4). Das „Gebet zur Firmerneuerung“ (52,5) ist deshalb auf die Person des einzelnen bezogen. In ihm bitten wir Gott, uns zum Dienst in Kirche und Gesellschaft auszurüsten und zu befähigen.
Gott hat in Taufe und Firmung jedem auch besondere Gnadengaben (Charismen) zum Dienst in Kirche und Gesellschaft zugeteilt und angeboten. Sie werden vom Geist Gottes geläutert, entfaltet und in der jeweiligen Situation neu in Dienst genommen.
Auch auf die Möglichkeit einer Bekräftigung des Eheversprechens sei hingewiesen. In der Bibel wird der Bund Gottes mit dem Menschen mit der Ehe verglichen ( Jes 62,5; Hos 2,21f; Jer 2,2; Eph 5,25f). Vielleicht haben einige den Wunsch, in dankbarer Erinnerung an ihren Hochzeitstag im festlichen Rahmen dieser Feier ihr Eheversprechen zu erneuern: „Vor Gottes Angesicht nehme ich dich neu an als meine Ehefrau/als meinen Ehemann“. Dabei können sie sich die Hand reichen, einander neu den Ring der Liebe und Treue anstecken oder mit einem Kreuzzeichen auf die Stirn segnen.
Auch der Empfang des Bußsakramentes kann ein bewußter Schritt zu einer Vertiefung des Bundes mit Gott sein.
Für die Segnungen stehen verschiedene durch Zahlen an den Wänden gekennzeichnete Orte zur Verfügung. Bischöfe, Priester und Laien halten sich dort zum Dienst der Segnung bereit. Man kann dabei sitzen, stehen oder knien.
Der Besuch des Gottesdienstes ist auch ohne persönliche Segnung sinnvoll.
„Heiliger, barmherziger Gott, ich nehme neu den Bund an, den du durch Jesus Christus in der Taufe für immer mit mir geschlossen hast. Ich bitte dich: Gieße jetzt deinen Heiligen Geist über mich aus und gib mir die Kraft, immer mehr dir zu gehören. Erleuchte meinen Verstand, stärke meinen Willen, läutere meine Gefühle und meine Wünsche. Sei du der Herr in meinem Leben und erlöse mich von dem Bösen. Ich widersage dem Mißtrauen gegen dich und bitte dich: Nimm alles von mir, was mich von dir trennt. Ich danke dir, daß du mich bejahst, so wie ich bin. Verändere mich so, wie du mich haben willst. Ich bin bereit, alle Geistesgaben anzunehmen, die du mir schenken willst. Erneuere in mir die Gnade der Firmung. Mache mich zu einem lebendigen Glied deiner Kirche. Gib mir Kraft und Ausdauer im Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden. Ich will dich lieben und verehren, solange ich lebe. Amen“.
Ehefrau: “Ich bekräftige den Ehebund, den ich mit dir geschlossen habe. Ich nehme dich heute vor Gottes Angesicht neu an als meinen Mann. Ich erneuere mein Versprechen, dir die Treue zu halten in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und in Krankheit. Ich will dich lieben, achten und ehren, solange ich lebe.“
Ehemann: “Ich bekräftige den Ehebund, den ich mit dir geschlossen habe. Ich nehme dich heute vor Gottes Angesicht neu an als meine Frau. Ich erneuere mein Versprechen, dir die Treue zu halten in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und in Krankheit. Ich will dich lieben, achten und ehren, solange ich lebe.“
(Gotteslob 5)
„Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mit hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott, gib mir alles, was mich fördert zu dir. Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.“
Hl. Nikolaus von Flüe
„Mein Vater, ich überlasse mich dir, mach mit mir, was dir gefällt. Was du auch mit mir tun magst, ich danke dir. Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an. Wenn nur dein Wille sich an mir erfüllt und an allen deinen Geschöpfen, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott. In deine Hände lege ich meine Seele. Ich gebe sie dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich dich liebe und weil diese Liebe mich treibt, mich dir hinzugeben, mich in deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen. Denn du bist mein Vater.“
Charles de Foucauld
„Nimm hin, o Herr, meine ganze Freiheit. Nimm an mein Gedächtnis, meinen Verstand, meinen ganzen Willen. Was ich habe und besitze, hast du mir geschenkt. Ich gebe es dir wieder ganz und gar zurück und überlasse alles dir, daß du es lenkst nach deinem Willen. Nur deine Liebe schenke mir mit deiner Gnade. Dann bin ich reich genug und suche nichts weiter.“
Hl. Ignatius von Loyola
Jeder Christ ist durch die Taufe befähigt, andere zu segnen: „ Das Auflegen oder Ausbreiten der Hände bei der Segnung von Personen bringt die Bitte um den Segen Gottes und die Mitteilung des Segens durch die Kirche besonders stark zum Ausdruck“ (Benediktionale, Einführung § 31). Gott segnet uns durch die Mitchristen, durch die Kirche. So kann sie für uns zu einer befreienden und erfreuenden Gemeinschaft werden.
Eine Hinführung zu Schritten auf den Glaubensweg findet sich in dem Handbuch der Neu-Evangelisierung: Heribert Mühlen, Neu mit Gott, Freiburg 4 2000. Das Buch ist die Vorlage für ein Glaubensseminar. Die Teilnehmer treffen sich in einem Zeitraum von acht Wochen wöchentlich zu Austausch und Gebet. Zentrum des Seminars sind die beiden liturgischen Feiern: Aufarbeitung negativer Lebenserfahrungen in einem Gebet um innere Heilung; Liturgie der vertieften Annahme der sakramentalen Zuwendung Gottes und der Geistesgaben.
Eine Dokumentation früherer Segnungsgottesdienste, ihre Grundlagen und Reflexion ist enthalten in: Heribert Mühlen, Kirche wächst von innen. Weg zu einer glaubensgeschichtlich neuen Gestalt der Kirche, Paderborn 1996.
Der Autor Franz-Adolf Kleinrahm ist Diakon und leitet mit seiner Frau Angelika die katholische Gemeinschaft "Familien mit Christus" und das von dieser getragene Geistliche Familienzentrum in Heiligenbrunn, Diözese Regensburg.
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